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"The Great Maddening" - CD



"Imperium Grotesque" - CD

BRIGHT EYES

LE GRAND GUIGNOL: Das große Puppenspiel. Verwundern darf der Name, den sich die fünf Musiker, die vorher unter dem Namen Vindsval musikalisch tätig gewesen waren, schon und um gleich aufsteigende Vermutungen zu entkräften: Es handelt sich weder um eine moderne Umsetzung eines Hörspiels der Augsburger Puppenkiste und noch weniger um kindertaugliche Musik. Denn, nach dem Einlegen der CD wird deutlich, dass das Versprechen LE GRAND GUIGNOLs, dem Hörer brachiale, todesmetallisch-angehauchte Extrem-Metal Klänge zu offerieren, keineswegs ein leeres gewesen ist. Dies ist aber auch nur eine Seite von „The Great Maddening“, denn es ist durchaus kein unentwegtes Gewitter von zerstörerisch Dissonanzen, welche mit kaum mehr messbarer Geschwindigkeit vorgetragen werden, darüber hinaus sticht die absolut dichte und den Hörer fast schon erstickende Atmosphäre heraus. Um diese den Hörer förmlich umschlingende Dichte zu erzeugen, bedienen sich die fünf Luxemburger allerhand Stilmittel, welche von den schon angesprochenen brachialen Sounds, über bombastisch-orchestrale Untermalung, bis hin zu psychedelisch-marginalem Glockenspiel reicht. Darüber hinaus werden viele, ich nenne sie mal, genreuntypische Soundpatterns und Effekte verwendet um die zu vermittelnden Gefühlszustände noch authentischer und fesselnder erscheinen zu lassen; hervorhebend zu nennen wäre da beispielsweise das Ende des Songs „Mens Insana In Copore Insano“, an dem eine der Zirkusmusik ähnliche Melodie immer schneller gespielt in den Ton einer Nullkurve eines Elektrokardiografen mündet. Diese erstickende Wirkung des durchgehenden Tons wird plötzlich durch ein nach-Luft-Ringen durchbrochen, welches wieder einen Herzrhythmus verursacht. Auch an vielen anderen Stellen macht der Song seinem Namen „Mens Insana In Copore Insano“ aller Ehre. Das gesamte Konstrukt des Albums kommt kurz gesagt einem Albtraum sehr nahe – bezogen auf die Motivation dessen, was es darstellen möchte, wohl das größte Kompliment, das man machen könnte. Man fühlt sich auf ein Gauklerfest versetzt, welcher uns als mysteriöses Schauplatz schauriger Vorkommnisse und Geheimnisse nur allzu gut aus diversen Filmen bekannt sein dürfte. LE GRAND GUIGNOL schaffen es durch den Einsatz authentischer Melodien und Instrumenten genau die Atmosphäre des psychedelischen Horrorzirkus dicht und authentisch darzustellen. Die im Grunde lustigen Zirkus- und Rummelplatz-Melodien werden gekonnt verfremdet und gesangstechnisch durch Gesangslinien unterstützt, welche von Patienten einer klischeehaften Horrorfilm-Psychiatrie hätten eingesungen sein können. Was bleibt abschließend zu sagen? Das Album ist sehr abwechslungsreich, die Langzeitmotivation ist immens und man wird es so schnell nicht bei Seite legen. Also, anstatt das nächste Mal einen Horrorfilm auszuleihen: „The Great Maddening“ eingelegt.
Matthias Emsbach


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