BURN YOUR EARS
Man könnte es Mixed Pickles
nennen.
Die meisten Bandmitglieder von LE GRAND GUIGNOL kommen aus Luxemburg,
haben aber zum Teil auch schon in Deutschland gelebt, dem Heimatland
des Bassisten. Einstmals heißen sie VINDSVAL, veröffentlichen
einiges Material auch unter den Fittichen von FALKENBACHS eigenem
Label, tja und seit neuestem heißen sie LE GRAND GUIGNOL.
In der schönen Sprache Französisch drücken sie
damit genau das aus, was ihr musikalisches Vorhaben ist: Schaurig,
verrücktes Chaos mit einem Metalgewand zu bekleiden.
Was ist das denn? Eine Zirkuskappelle,
die zum Einzug der Elefanten ein Liedchen spielt? Ah, da kommen
auch schon die rockigen Klänge durch, die sich dem tänzerischen
Rhythmus anschließen. Ein nettes Intro! Und dann geht’s
los! Deftiges Death-Metal-Shouting wird kombiniert mit wahlweise
einem Glockenspiel, hübschen Flötentönen oder
Blechbläsern. Zwischendrin lauscht man dem akustischen
Gitarrenspiel und der erzählten Geschichte in „Degenesis
(Amor & Seuche)“.
Mit ihren Instrumenten verstehen sie umzugehen, und vor allem
das Keyboard kommt in allen Facetten zum Zuge. Als Beispiel
seien nur das sich barock anhörende Spinett oder die Violine
erwähnt.
Die gesangliche Leistung von Frontmann Philip Breuer reicht
auch von scharfem Shouting, einem Kreischen, das manchmal durchaus
mit CRADLE OF FILTH vergleichbar wäre, bis zu einem Flüstern,
bei welchem einem sich alle Haare aufstellen. Wenn dieser Vocalist
seinen irren Flüstergesang mit Weinen und Lachen vermischt,
könnte man meinen, ein Psychopath springt gleich hier aus
der Anlage und frisst mich auf. Und das passenderweise in einem
Track namens „Mens Insana In Corpore Insano“. Neben
diesen ganzen Verrücktheiten gibt es aber durchaus Passagen,
in denen es sich ganz gut abrocken lässt. Die Rückkehr
zur Normalität äußert sich letztendlich in dem
Piepen eines Krankenhausgerätes, das mit Hilfe des atmenden
Mannes verrät, dass der Puls sich normalisiert.
Während man sich mal die
Rübe schütteln kann oder nach Belieben auf die Tischkante
haut, blitzen auch des Öfteren Rhythmen auf, zu denen man
– wenn man es kann – klassisch das Tanzbein schwingen
könnte. Passend zu einem klassischen Geschmack werden unter
anderem in dem Stück „Finis Coronat Opus“ auch
sopranistischer Operngesang oder mehrstimmige Männergesangseinlagen
beigesteuert. Mit „Lucilinburhuc“ wird noch mal
kurz vor Schluss eine Abrissbirne geliefert, die einen schön
chorischen Refrain (falls man das so nennen kann) hat und trotz
harter Prügelei mit Bombast und wohlklingenden Melodien
nicht geizt.
Um den Leser hinsichtlich der Tracktitel zu beruhigen („Alsuntia“,
Lucilinburhuc“ etc.), sei hier gesagt, soweit es erkennbar
ist, wird doch meist in Englisch gesungen, falls sich jemand
näher mit den Lyrics auseinandersetzen will.
Nach einem Horror-Zirkus-Theater
im Paris vor über hundert Jahren benannt, beleben LE GRAND
GUIGNOL genau diese Atmosphäre. Von orchestral bombastischem,
über schöne zweistimmige Gitarrenmelodien bis zu verrückten
Glockenspielereien ist für jeden etwas dabei. Und dabei
bleibt es doch Metal! Ich würde sagen, an dieser Stelle
lassen wir mal beides gelten: „The Great Maddening“
von LE GRAND GUIGNOL ist genial und wahnsinnig!
(Schlusstip: Ein Liedchen kann man auch auf der CD eines bekannten
Metal-Heftchens anhören.)
Manuel
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