LEGACY
Unter dem
Namen Vindsval 1996 gegründet, kündigt sich beim 99er
Debütalbum "Imperium Grotesque" schon an, welche
Richtung die Luxemburger mal einschlagen könnten. Gut Ding
will Weile haben, und so vergeht einige Zeit, bis das neue Album
"The Great Maddening" aufgenommen wird. Aufgrund der
musikalischen und konzeptionellen Änderungen benennen sich
Vindsval schließlich im Jahr 2006 in LE GRAND GUIGNOL
um. LE GRAND GUIGNOL, was übersetzt soviel wie "Das
große Kasperle" bedeutet, ist auch der Name eines
einzigartigen Theaters in Paris, das Mitte des 20. Jahrhunderts
seine Pforten schließt, und es steht darüber hinaus
für trivial-groteske Horrorstücke. Doch selbst dieses
Hintergrundwissen macht den Einstieg in die Musik von LE GRAND
GUIGNOL nur bedingt einfacher. Abgedrehte Songstrukturen und
Syntheffekte lassen durchaus groteske Bilder im Kopf entstehen,
und am ehesten könnte man sie vielleicht noch mit dem Tartaros-Album
"The Grand Psychotic Castle" vergleichen, was die
vielfältigen Stimmungen und Melodien betrifft. Wobei LE
GRAND GUIGNOL noch einen großen Schritt weiter gehen.
Das Intro "Cirqvs L." hat etwas von einer theatralischen
Freakshow und wird phasenweise in ein Metal-Gewand gehüllt,
und gewollt schräg geht es mit "Degenesis (Amor &
Seuche)" weiter. Sänger Philip zeigt sich sehr wandelbar
und wechselt Growlen und Keifen mit klaren Vocals, Choreinsätzen,
Flüstern oder Spoken Words ab. Zwischen den härteren
Passagen schillern immer wieder Akustikeinsätze oder Keyboardspielereien,
die sehr gut die musikalische Untermalung für ein groteskes
Theaterstück sein könnten. Tempomäßig wird
alles zwischen der Ruhe vor dem Sturm und Blast-Attacken geboten,
und teilweise geht das wild durcheinander, durchsetzt von klassischen
Arrangements. Nie weiß man, was als nächstes kommt,
und selbst bei mehrmaligem Hören entdeckt man stets neue
Elemente. Der Titel "Mens Insana In Corpore Insano"
lässt ungefähr erahnen, was auf einen zukommt. Gequälte
Vocals, irres Lachen und wilde Tempo- sowie Stimmungswechsel
bestimmen das Stück, das zum Ende hin absurd schnell wird.
Das folgende "Madness And Her Thousand Young" besticht
eingangs mit operesken weiblichen Vokals, dann wird konträr
zum vorherigen Stück zwischen drin der Gesang mal ins absolut
Langsame geleiert. "The Healing Process" ist wohl
noch einer der eingängigeren und metallischsten Songs auf
"The Great Maddening". Melodische Riffs verbinden
sich mit Kreischgesang und variablem Drumming durch alle Tempi,
unterbrochen von einem Keyboardinterludium. Mit dem relativ
kurzen "I, Who Brought Forth Myself" packen LE GRAND
GUIGNOL eine Abgehnummer mit drauf, um in Form von "Alsuntia"
einen ebenso kurzen, rein theatralisch-dramatischen Track mit
Keyboards und Orchester-Atmosphäre folgen zu lassen. "The
Great Maddening" bietet rund 55 Minuten spannende Unterhaltung,
wird aber aufgrund der verqueren Sounds bei Metal-Puristen einen
schweren Start haben.
ES
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