POWERMETAL
Dass Gothic, Folk und Black Metal
in ihrer Symbiose äußerst harmonisch nebeneinander
bestehen können, beweist die bislang noch völlig unbekannte,
luxemburgische Truppe LE GRAND GUIGNOL auf ihrem Debütalbum
"The Great Maddening". In elf Kapiteln führt
das Quintett den etwas anspruchsvolleren Zuhörer durch
ein buntes Theaterstück der finsteren Musik, welches jedoch
aufgrund seiner meist fröhlichen Melodien eine nahezu euphorische
Atmosphäre entfacht, bei deren allgemeiner Darbietung man
sich gleich mehrfach über das professionelle Auftreten
der Musiker und Komponisten wundert. Ein näherer Blick
unter die Fassade gibt dann aber Aufschluss: Hinter LE GRAND
GUIGNOL verbirgt sich eine Gruppe, die bis zum Ende des vergangenen
Jahres noch unter dem Namen VINDSVAL firmierte und vor nicht
allzu langer Zeit mit "Imperium Grotesque" ein kleines,
außergewöhnliches Meisterwerk veröffentlicht
hat.
"The Great Maddening"
führt das kompositorische Konzept von VINDSVAL nun konsequent
weiter, unterstreicht aber auch, dass die Namensänderung
auch einen bedeutenden Einfluss auf die Musik gehabt hat. LE
GRAND GUIGNOL verfolgen noch weitaus vielseitigere Ansätze
und bauen ihren Sound noch deutlicher auf ganz eigenwilligen
Kontrasten auf. Wenn beispielsweise in 'Degenesis' eine berauschende
Erzählatmosphäre mithilfe von Gothic-Keys und Schwarzmetall-Inhalten
forciert wird, dann aber plötzlich die optimistischen Weisen
des bandeigenen Folk-Fundaments ins Spiel kommen, bleibt einem
sofort mal die Spucke weg - einerseits bedingt durch die geschickte
Verknüpfung, andererseits aber auch aus dem Erstaunen heraus,
dass auch Gothic Metal bei all seiner Düsternis eine Verbindung
mit FINNTROLL'schem Folk-Bombast eingehen kann.
Im späteren Verlauf erweitert
die Band ihr Spektrum dann kontinuierlich und fügt in den
wechselseitigen, fast schon mit Musical-Qualitäten gesegneten
Stilmix einzelne Klassik-Zitate sowie Soundtrack-ähnliche
Inhalte ein. Gleichsam steigert sich der instrumentale Bombast
in schwindelerregende Höhen und spinnt so den Faden zum
symphonischen Black Metal der Anfangstage, dessen Inspiration
auf "The Great Madening" ebenfalls jederzeit greifbar
sind.
Bei all den kunstfertigen Kombinationen sind selbstverständlich
auch einige Highlights zurückgeblieben, allen voran die
überlangen Epen 'Finis Coronat Opus' und 'Mens Insana Corpore
Insano' sowie das deutlich klassisch inspirierte 'Madness And
Her Thousand Young', welches das Material zielsicher auf ein
beeindruckendes, durch und durch opulentes Finale zusteuert,
desen fabelhafte Arrangements man samt der ambitionierten Instrumentierung
in höchsten Tönen loben muss.
Gleiches gebührt dem Gesamtwerk
"The Great Maddening", welches einige fast schon geschlossene
Genre-Schubladen neu öffnet und sich bei der Verbindung
kontrastierenden Stilistiken als Blaupause etabliert. Ganz gleich
in welchen Bombast-Regionen man sich insgeheim am liebsten aufhält,
auf dieses erneute Meisterstück der Luxemburger Düster-Formation
sollte man als Anhänger symphonischer Metal-Sounds nicht
verzichten.
Anspieltipps: Degenesis (Amor
& Seuche), Madness And Her Thousand Young, Finis Coronat
Opus
Björn Backes
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